Begegnungsfahrt nach Ansiao / Sommer 1996

INGO STEGMÃœLLER

Es war an einem Freitag Abend. Auf dem
Erbacher Parkdeck konnte man eine auf-
geregte und unruhige Masse herumwuseln
sehen. Das waren wir. Im Chaos von Taschen, Koffern und Kisten war eine ge-
wisse Unruhe und Hektik nicht zu vermei-
den. Nichts desto trotz wurde uns mit jedem
Koffer, den wir in den Bus einluden, klar,
daß wir nun am Anfang unseres angestreb-
ten Zieles standen. Es ging nach Portugal in

36 Stunden Fahrt bei guter Laune

die Erbacher Partnerstadt Ansiao. Vor uns lagen mehrere Stunden Busfahrt durch die
Weite des europäischen Kontinents. Davon ließen wir uns aber weder beeindrucken noch
besänftigen. Nachdem wir uns von Eltern und Freunden verabschiedet hatten, strebten
wir nun unserem ersten Etappenziel entgegen: Bordeaux. Dort kamen wir am nächsten
Nachmittag an und nun wurde erst einmal die Stadt unsicher gemacht. Jede Menge Spaß
und Fröhlichkeit waren ein guter Start für die Gruppengemeinschaft, in der es wohl bei so
einer langen Fahrt zwischenmenschlich auch mal knistern kann.

Eine Rast vor tollem Panorama Aber davon war überhaupt nichts zu spüren.
Nach der Nachtruhe, die mehr oder weniger
pünktlich begann, starteten wir am nächsten
Morgen Richtung Portugal durch. Die Weite
und die oftmals große Eintönigkeit Spaniens
machten diesen Tag im Bus nicht unbedingt
so sehr angenehm. Aber man weiß sich ja zu
helfen. So wurden Karten- und Würfelspiele,
Bücher und Zeitschriften zum Zeitvertreib.
In Portugal angekommen, wurden wir in
Penamacor von unserem Gruppenmitglied

Miguel und dessen Familie schon heiß erwartet und herzlich begrüßt. Nachdem wir durch
die gute portugiesische Küche gestärkt waren, stand ein Auftritt auf dem Programm. Hier
konnten wir nun zum erstenmal den Erfolg unserer monatelangen und allzuoft schweiß-
treibenden Proben genießen. Am nächsten Morgen machten wir unter sachkundiger
Führung und entsprechender Übersetzung einen kleinen Rundgang durch den Ort und
besuchten das Heimatmuseum. Nach einem phantastischen Mittagessen fuhren wir weiter
nach Ansiao, wo wir nach einem herzlichen Empfang in unsere Gastfamilien eingeteilt
wurden. Nachdem man sich mit den Familien vertraut gemacht hatte, konnte man schon

an diesem Abend bei einer gemeinsamen
Runde in der Adega festhalten, daß die Gast-
freundlichkeit, das Essen und der Wein ein
super Zusammenspiel ergaben, von dem wir
nun eine Woche lang profitieren sollten. Der
Verlauf der Woche beinhaltete u.a. einen
Auftritt zur Einweihung einer Straße, die den
Namen "Stadt Erbach" trägt. Ein Schwimm-
badbesuch am Nachmittag machte die Hitze
ebenso erträglich wie unsere Ausflüge zum
Atlantik. Kulturell ließen wir natürlich auch
Hahnentanz bei der Straßeneinweihung

Oureweller in Lissabon

nichts aus: Lissabon, Fatima und Coimbra waren
ebenso willkommene Programmpunkte. Ausgra-
bungen römischer Anlagen und vieles mehr beein-
druckten uns genauso wie die Schönheit und Vielfalt
der portugiesischen Landschaft. An den Abenden
wurde mit den Gastgebern immer ausgelassen und
fröhlich gefeiert. Die Gastfreundschaft der Men-
schen, ihre Offenheit und Spontanität genossen wir
in vollen Zügen. So wurden viele Freundschaften
geknüpft und auch in der Gruppe eine neue Harmo-
nie und ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl
entdeckt. In der Zeit unseres Besuches feierte man
in Ansiao ein Stadtfest, das man alle zwei Jahre
begeht. So wurde es eigentlich nie langweilig oder
eintönig. Ganz im Gegenteil. An manchen Abenden
war man sich gar nicht so sicher, was man eigentlich machen sollte.
Für uns natürlich der absolute Höhepunkt,
für den wir Stunden über Stunden geprobt
hatten, war der Auftritt am Samstag Abend
im kleinen Stadtpark von Ansiao. Volks-
musik und Tänzer gaben vor einer riesigen
Zuschauerschar 1 1/2 Stunden ihr Bestes.
Und nicht umsonst. Das Publikum belohnte
uns mit reichlich Beifall. Am Morgen da-
nach gestalteten wir den Gottesdienst in
Santiago da Garda mit Liedern und Musik-
stücken. Pfarrer Kußmann hielt diesen

Gemeinsamer Gottesdienst

Gottesdienst in Kozelebration mit dem ortsansässigen Pfarrer.
Nachdem wir wieder in Ansiao angekommen waren und uns am Mittagstisch gestärkt
hatten, mußten wir langsam aber sicher unseren Platz im Festzug einnehmen, der sich
nach kurzer Wartezeit in Bewegung setzte. Es ging durch die Straßen der Stadt, wo ein
kurzes Stillstehen des Zuges hin und wieder für kleine Tanzeinlagen genutzt wurde. Nach
dem Umzug mußte man sich langsam auf die Heimreise vorbereiten. Am späten Abend
verließen wir Ansiao mit schwerem Herzen und manch einer mit Tränen in den Augen.
Alle aber nahmen wir viele schöne und einmalige Erinnerungen mit. Die Gastfreundschaft
und Herzlichkeit der Menschen, die Schönheit und Vielfalt dieses Landes werden uns
immer im Gedächtnis sein.


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