Die Odenwälder Seifensieder


(von Manfred Kassimir)   

 

Seifenpackung 

 

Die Seife zur heutigen Zeit ist aus unserem Hygienebedürfnis nicht mehr wegzudenken. Seifen in allen Formen, Varianten und Gerüchen können käuflich erworben werden. Kein Mensch macht sich darüber Gedanken, wo die Herkunft der Seife liegt und welchen Arbeitsaufwand es bedeutet, Seife herzustellen.

Wo kommt die Seife her?

Forschungen zufolge wurde die Seife während der religiös angehauchten Kreuzzüge aus dem Orient nach Europa eingeführt. Aber bereits unsere Vorfahren, die germanischen Stämme, nutzten eine Art Seife für ihre Körperhygiene.

Wurde in der Frühzeit unserer Zeitrechnung die Körperhygiene sehr vernachlässigt (Badezeiten: Weihnachten und Ostern) nahm das Hygienebedürfnis mit zunehmender Bevölkerungszahl und dem dichten Zusammenleben in neu gegründeten Städten deutlich zu. Eine vernünftige Trinkwasserversorgung und eine funktionstüchtige Kanalisation fehlten.

 

Eine fertige Seife

 

In öffentlichen Badehäusern war die Möglichkeit gegeben, eine gewisse Grundreinigung durchzuführen.

Dies änderte sich mit der Verbreitung der Seife.

Die Herstellung von Seife war zunächst eine Arbeit, die in den heimischen Familien durchgeführt wurde. Später bildete sich daraus ein Handwerk, das sogar eine eigene Zunft als ihre Interessenvertretung gegründet hatte. Die Ausbildung zu einem fertigen Seifensieder lag zwischen drei und vier Jahren. Um als Meister selbstständig arbeiten zu dürfen, schloss sich an die Gesellenausbildung noch eine mehrjährige Pflichtwanderung an. Zur Meisterprüfung mussten zwei Eimer Seife präsentiert werden.

Erst viel später, Anfang des 19. Jahrhunderts, zu Beginn des Industriezeitalters, wurde die Seifenherstellung zu einer Massenproduktion.

  

Harzbrennofen              und                 Lichterziehmaschine 

Bild: Beiträge „Rudolf Kunz“ und „Heimatliche Beiträge“

 

Nachweislich wurden bereits Zünfte der Seifensieder und der angeschlossenen Lichterzieher (Kerzen aus tierischem Fett) im 14. Jahrhundert gegründet, die bis zur Industrialisierung fortbestanden. Im Verlaufe der Neuzeit verlor dieser Handwerkzweig an Bedeutung und führte von nun an ein Nischendasein.

 Wie wird das Endprodukt Seife hergestellt?

 

Zutaten zur Seifenherstellung

 

Zur Herstellung der Seife werden mehrere Grundstoffe benötigt. So finden tierische Abfallfette (Unschlitt) (Rindertalk, Schweinefett, Schaffett) und pflanzliche Fette (Kokosfett, Olivenöl, Palmöl) in der Herstellung von Seife Verwendung. Zur weiteren Aufbereitung ist Pottasche (Kaliumcarbonat) oder Soda (Natriumcarbonat) not- wendig.

Zunächst musste einmal der Grundstoff Pottasche gewonnen werden. Dazu wurde die Asche der Buche oder der Eiche (Hartholzasche) gesammelt. Diese Asche fällt beim Heizen und Kochen in einem Haushalt an und war deshalb bei den Seifensiedern sehr begehrt.

Als Arbeitsmittel konnte z. B. ein Holzfass Verwendung finden, dessen Boden mit Löchern versehen war. Unter dem Fassunterboden war eine Auffangschale montiert, um die Flüssigkeit aufzufangen. Die unterste Lage im Fass bildete eine Kiesschicht. Über die Kiesschicht wurde eine größere Lage Stroh eingestreut. Der Rest des Fasses wurde mit Pottasche aufgefüllt und langsam mit Regenwasser übergossen. Durch das Wasser wird die Asche ausgelaugt. Diese laugenartige Flüssigkeit wurde in der Auffangschale aufgefangen und über längeren Zeitraum geköchelt, bis nur noch als Rest ein weißliches Pulver, die Pottasche, zu- rückblieb.

 

  

Vorbereitung zur Seifenherstellung

 

Nun wurde das tierische oder pflanzliche Fett aufgekocht, bis sich dieses verflüssigt hatte und die Pottasche hinzu- gegeben werden konnte.

Diese Masse wurde lange unter leichter Hitze gekocht bis diese in einen gallertartigen Zustand gelangte.

Durch die Zugabe von Kochsalz trennte sich diese Masse in einen festen Kern und eine flüssigen Unterlauge. Das Kochsalz setzte sich auf dem Bodengrund ab.

Die feste Seife, die Kernseife, wurde in eine Form gepresst und Erkalten zur Seite gestellt. In Stücke geschnitten, konnte sie zur Körperpflege benutzt werden. Um die Seife attraktiver zu machen, konnten aromatische Essenzen (z. B. Lavendelpulver, Rosenwasser) hinzugefügt werden.

   

Flüssigseife   wird mit Farb- und Duftstoffen abgefüllt

 Abgefülltes Produkt

 

Die Seife wurde aber nicht nur zur Körperhygiene genutzt, sondern auch zum Entfetten von Wolle oder zum Bleichen und Walken eingesetzt.

Insbesondere beim Sieden tierischen Fette entstanden übelste Gerüche, so dass die Seifensieder an den Rand der Wohnsiedlungen verbannt wurden. Auch die von diesem Handwerk ausgehenden Brandgefahr war ein weiterer Grund, den Handwerksbetrieb an den Rand einer Ortschaft anzusiedeln.

Fertiges Produkt

 

Die Arbeit des Lichterziehers ist dem des Seifensieders nicht unähnlich. Auch die Lichterzieher benötigten tierische Fette um sein Produkt (Talklicht) herzustellen. Dazu erhitzt der Lichterzieher das Fett in einem Topf bis dieses eine vollkommen flüssige Form angenommen hat. In einer bereits bereitgestellten Form wird der Docht eingehängt. Die verflüssigte Masse wird in diese Form gegossen und über einen längeren Zeitraum ruhen lassen. Dann wird die Masse aus der Form gelöst und als Talklicht auf den Markt gebracht.

Die Berufe des Seifensieders und des Lichtziehers sind so eng miteinander verwandt, dass die Arbeit von ein und derselben Person ausgeführt werden konnte.

Produkt des Lichterziehers

 

Anzumerken ist, dass der Lichtzieher nicht gleichzusetzen ist mit dem Kerzenmacher. Der Kerzenmacher verwendet nur Bienenwachs zur Herstellung seiner Kerzen. 

Die Talklichter des Lichtziehers waren für die normale Bevölkerung bestimmt. Die Kerzen des Kerzenmachers waren auf der kostspieligen Herstellung fast ausschließlich in der kirchlichen Liturgie zu finden.

In der heutigen Zeit erwachen die Seifensiedereien aus ihrem Nischendasein und produzieren ihre Seife auf biologisch basierten Grundstoffen und machen so der industriellen chemischen Seifenherstellung zunehmend Konkurrenz.

 

   

Unterschiedliche Formen der fertigen Seife

 

Quellen

 Heidi Banse

 Köhler-Pottaschenbrenner – Gelurt 2011

 Georg Dascher

 Pottaschensiederei – 600 Jahre   Hembach

 Ulrich Hahnemann

 Seifensieder -Museum Bad Frankenhausen

 Werner Heil

 Äscherer, Pichler u. Salierer - Odenwälder Heimat 2017

Bettina Kaever

Meine kleine Seifenwerkstatt

Franz Lerner

Seifensieder – Lexikon des alten Handwerks

Klar – Seifenmanufaktur

Seifentradition aus Heidelberg

Mittelalterlexikon

Seifensieder

K. H. Winter

Pottaschensieder – Alt-Lützelbach Heimat- u. Geschichtsverein Lützelbach

Wikipedia Odenwälder Seifensieder
Manfred Kassimir

Text und Bilder

Anmerkung: 

Quelle der Fremdbilder werden direkt am Bild angeführt.

 

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