Die Grube Messel

Einblick in 48 Mill. Jahre Vergangenheit


(von Manfred Kassimir)  

 

Die Grube Messel „einst“ (Heimatmuseum Messel)

 

Die Grube Messel liegt im Einzugsgebiet von Darmstadt und dem Ortsteil Messel im Landkreis Darmstadt/Dieburg und ist für seine Fossilienfunde (Urpferdchen, Primaten, Vögel, Reptilien, Pflanzen), dessen Funde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, weltweit bekannt. In der Grube Messel liegt ein Stück Zeitgeschichte verborgen.

Die eigentliche Geschichte der Grube Messel beginnt bereits vor ca. 300 Millionen Jahren im Zeitalter des Erdaltertums. Die Gesteine wurden über Millionen von Jahren von verschiedenen Sedimenten überlagert, bis die Sedimentschicht „Ölschiefer“ vor etwa 48 Millionen Jahren in die Geschichte der Grube Messel eintrat und zu den heutigen Erforschungen der Grube Messel führt.

 

Die Grube Messel „jetzt“

 

Vor 48 Millionen Jahren, im Zeitalter des Eozäns, wurden die Alpen gebildet und der Oberrheingraben entstand. Durch diese tektonischen Verwerfungen entstanden Vulkanherde. So entstand im Bereich der Grube Messel ein solcher Vulkanherd. Dieser Vulkan befand sich ca. 100 Meter unter der damaligen Erdoberfläche und kam zum Ausbruch. Das heiße Magma traf auf Grundwasser. Durch dieses Zusammentreffen kam es zu einer gewaltigen Explosion, die das tierische als auch pflanzliche Leben in weitem Umkreis vernichtete. Ein riesiger Krater entstand und durch nachfließendes Wasser kam es immer wieder zu weiteren Explosionen, bis der Krater ein Ausmaß von ca. 700 Metern erreicht hatte.

Nach dem Abklingen der Vulkanausbrüche füllte nachrutschendes Gestein den Krater bis auf ca. 200-300 Metern. Nachfließendes Wasser bildete den sogenannten „Maarsee“ – die Grube Messel.

 

Bild Heimatmuseum Messel

 

In diesem See lagerten sich über Millionen von Jahren Sedimente ab, das heute unter dem Ausdruck „Messeler Ölschiefer“ bekannt ist.

Das Klima vor ca. 48 Millionen Jahren war sehr warm. Geringe jahreszeitlich bedingte Temperaturschwankungen und im Zusammenwirken der Seeoberfläche, und der sehr großen Tiefe des Sees, verhinderten einen Wasseraustausch und damit die Sauerstoffsättigung in der Tiefe. Dazu kam ein hoher Schwefelanteil.

Durch das erwärmte Oberflächenwasser bildeten sich regelmäßig größere Algenblüten, die nach dem Absterben auf den Seeboden sanken und dort Faulschlamm bildeten. Durch das am Seeboden ausgasende Magma gelangten große Mengen an Kohlendioxid (C0 ²) in das Seewasser und von dort an die Luft. Durch den daraus entstehenden Sauerstoffmangel gelangten Wirbeltiere in den See und sanken auf den Seeboden ab. Durch fehlende Aasfresser und Sauerstoff im Wasser und die überlagerten Sedimente kam es zu keiner Zersetzung. Jahr für Jahr wurden die Kadaver durch absinkende Algen und absinkenden Staub und Randschlamm überdeckt. So füllte sich der See um ca. 1 mm pro 10 Jahre. Diese Schichten sind ähnlich der Jahresringe eines Baumes ablesbar. 

Der Druck der sich überlagerten Schichten wurde immer größer. So wurden Wirbeltiere, Reptilien, Vögel und Pflanzen eingeschlossen und konserviert.

Mit zunehmender Zeit wurde der „Maarsee“ immer flacher und nach ca. 1 Millionen Jahren war der See verlandet. Eine Restfeuchte von ca. 40% Wasser blieb erhalten. Der zurückbleibende Schlamm verfestigte sich.

Über einen langen Zeitraum blieb die Grube Messel für die Menschheit bedeutungslos. Erst im Jahr 1791 wurde im Grubenbereich ein Braunkohlenfeld und die darunter liegende Ölschieferschicht entdeckt. Die Braunkohleschicht wurde ab dem Jahr 1859als abbauwürdig angesehen und in Lizenz abgebaut. In dieser Abbauphase wurde das erste fossile Krokodil entdeckt. Weitere Fossilien, die ergraben wurden, zerfielen infolge des hohen Wassergehaltes und der darauffolgenden Trocknung, so dass lediglich Knochenfragmente erhalten blieben. Die Funde wurden auf das tertiäre Zeitalter bestimmt.

Querschnitt der Grube Messel (Heimatmuseum Messel)

 

Ab dem Jahr 1888 wurde der Ölschiefer als Rohmaterial zur Rohölgewinnung gefördert und verschwelt. Dieser Abbau wurde bis in das Jahr 1962 betrieben. Öl aus dem Nahen Osten machte die Ölgewinnung aus Ölschiefer unrentabel. Zu dieser Zeit hatte der Tagebergbau eine Tiefe von ca. 60 Metern erreicht.

Zeitgleich wurden private Fossiliensammler auf die Funde in der Grube Messel aufmerksam. Um ihre Funde besser konservieren zu können, entwickelten sie ein transparentes Härtungsmittel, das „Epoxidharz“, das bis in die heutige Zeit Anwendung findet.

In diese Zeit fallen auch so bedeutende Funde, wie z. B. das Urpferdchen, Tapire, Vögel und andere tierische Fossilien, die bis in alle Einzelheiten, sogar bis zu Weichteilen und dem Mageninhalt, konserviert werden konnten.

Der Vorteil von Epoxidharz ist die Festigkeit mit gleichzeitiger Durchsicht. So wird das ergrabene Fossil zunächst in einen Rahmen gelegt und an der Oberfläche mit feinem Werkzeug von Gesteinsteilen befreit. Bei leichter Wärmezufuhr wird die Oberfläche getrocknet und anschließend wird der Rahmen mit Epoxidharz gefüllt, sodass das Fossil in eine Schicht Epoxidharz eingebettet ist. Nach Aushärtung wird der Rahmen gewendet und die gleiche Arbeit beginnt mit der Unterseite von vorne.

Grabungsarbeit (Heimatmuseum Messel)

 

Durch die Unrentabilität der Abbaumasse „Ölschiefer“ verlor die Grube Messel an wirtschaftlicher Bedeutung und es bestand die große Gefahr der Zweckentfremdung. Die Planung einer zentralen Mülldeponie für Südhessen wurde in Angriff genommen. 

Durch die gesicherten tierischen und pflanzlichen Fossilienfunde erlangte die Grube Messel jedoch eine weltweite Aufmerksamkeit für die Wissenschaft. Diese die Chance sah, in die Geschichte unseres Planeten und deren Entwicklung Einblick zu erlangen und   begann ihr Interesse an der Grube zu bekunden. Durchgeführte Rettungsgrabungen und der Gründung einer Bürgerinitiative war es zu verdanken, dass die Planung und Durchführung zur Einrichtung einer Mülldeponie zunächst verzögert, später sogar verhindert wurde.

Die Hessische Landesregierung kaufte 1991 das Gelände der Grube Messel auf und stellte diese unter Naturschutz. 1995 wurde die Grube Messel in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.

 

 

Fossiles Krokodil

 

Das Hessische Landesmuseum Darmstadt sowie das Senckenberginstitut Frankfurt besitzen derzeit das alleinige Grabungsrecht der Grabungen in der Grube. Zu diesem Zweck ist die Grube schachbrettartig in Quadrate aufgeteilt und nur auf den ausgewiesenen Feldern ist eine Grabung erlaubt.

 

Fossil „Primat“

 

Die Grube Messel ist heute eine Forschungsgrube, die immer wieder neue Erkenntnisse in die zurückliegenden Jahrmillionen erbringt. Um diese Forschungen weiter zu ermöglichen, werden jährlich bis zu 600.000 qm Wasser aus der Grube abgeleitet.

 

  

fossile Schlange und Vogel

 

  

fossiler Frosch und Fisch

 

Die Grube Messel im Zeitraffer der Geschichte

-300 Mill. Jahre Gesteine im Erdaltertum bauen sich segmentartig auf
-48 Mill. Jahre Die Alpen und der Oberrheingraben bilden sich tektonische Verwerfungen und Vulkanherde tun sich auf. Auch im Bereich der Grube Messel. Gewaltige Explosionen bilden einen Krater von ca. 300 m Tiefe. Grundwasser und Zufließwasser bilden den den „Maarsee“ (Eozänzeitalter)
-47,4 Mill. Jahre

Der Maarsee ist gefüllt. Regelmäßige Algenblüten sinken auf den Seeboden ab. Sand- und Tonsedimente überdecken  abgestorbene Tier- und Pflanzenteile.

Pro Sedimentschicht von 1 mm in 10 Jahren lassen den Boden in 1 Mill. Jahren an wachsen, sodass der „Maarsee“ verlandet.

-20 Mill. Jahre

Durch Erosion wird die Grube Messe eingeebnet.

- 2 Mill. Jahre

Eine Eiszeit mit Permafrost wandert über die Grube Messel hinweg.

1791

Der Ölschiefer und die darüberliegende Braunkohleschicht wird entdeckt.

1857

 Die Braunkohle wird in Lizenz abgebaut. 

1875

Erster Fossilienfund – Überreste eines  Krokodils

1885

Beginn des Ölschieferabbaus zum Gewinn von Rohöl.

1912

Das Landesmuseum Darmstadt erhält die Rechte an den Fossilienfunden.

1945

Die Produktionsanlagen werden zerstört. 

1948

Unter Aufsicht der US-Administration wird ein Paraffin- und Mineralölwerk errichtet.

1962

Der Ölschieferabbau wird eingestellt.

1971

Die Fossilienfunde durch Privatsammler  erwecken weltweit Aufsehen.

Das Epoxidharz findet Einzug in die  Fossilienforschung.

1985

 Es Planung zur Erschließung einer Mülldeponie

Eine Bürgeriniative gründet sich.

1987

Es erfolgt Freigabe der Grube Messel zur Nutzung als Mülldeponie

1990

Hessische Landesregierung verzichtet auf die Nutzung als Mülldeponie.

1991

 Das Land Hessen erwirbt das Areal der Grube Messel und lässt diese als Bodendenkmal in die Denkmalliste eintragen.

1992

Die Übergabe der Grube an die Naturforschergesellschaft Senckenberg   Frankfurt.

1995

Die UNESCO nimmt die Grube Messel in die Liste der Weltnaturerbe auf.

2010

 Es erfolgt Eröffnung des Besucherzentrums

2020

Die 25-Jahrfeier der Grube Messel als UNSECO-Weltkulturerbe. 

 

  

Fossile Pflanzenteile

 

Quellen

 Klaus Thomas Heck

 Der Tod ist ihr Geschäft – Sonntagsecho, 2./3.10.2009

 Homepage

 Grube Messel (28.01.2021)

 Lorenz Karlstein

Grube Messel und die Fossilien aus dem Eozän

 Thomas Keller

 Fossilien aus der Grube Messel – Land für Denkmalpflege Wiesbaden

Tobi Kemmerer

Städtetripp 07.02.2021

Gerd Mangel Faszination Welterbe Grube Messel
Tim Maurer  Fenster in die Vergangenheit – DA-Echo 12.12.2015 
VRM Mediathek  Grube Messel 02.09.2021
Margit Peraki     Grube Messel
Dr. Jutta Weber  Die Grube Messel – Fenster zur Urzeit 
Wikipedia         Grube Messel
Manfred Kassimir

Text und Bilder

 

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