Das Küferhandwerk im Odenwald


(von Manfred Kassimir)

Das Küferhandwerk ist ein traditioneller Beruf, der weit in die menschliche Zivilisation zurück reicht. Bereits den im Odenwald ansässigen Kelten war der Gebrauch von Fässern bekannt. Im Mittelalter entwickelte sich der Beruf des Küfers zu einem angesehenen Berufsstand, der sogar seine eigene Zunft besaß.

  

Zunftzeichen der Küfer

 

Ein Ausspruch der Küfer lautete:

„Neues Fass aus altem Holz ist des Küfers Stolz!“

Die vom Küfer hergestellten Fässer waren ein Massenprodukt, die zur Aufbewahrung und Transport von Flüssigkeiten (Wein, Bier), aber auch Mehl, Salz, Sauerkraut,  Fischen und Pulver Verwendung fanden. Aber auch andere Gebrauchsgegenstände wurden vom Küfer hergestellt. So wurden Waschzuber, Butterfässer, Blumenkübel und andere Gegenstände gefertigt, die für die Landwirtschaft oder den Haushalt nötig waren. Das vom Küfer hergestellte Holzfass hatte die Eigenschaft, dass die Flüssigkeit nicht aus dem Inneren des Fasses entweichen konnte. Ebenso hatte es aber auch die entscheidende Eigenschaft, den Inhalt des Fasses trocken zu halten (Mehl, Pulver). 

Früher war leicht zu erkennen, wo ein Küfer zu Hause war und seinem Handwerk nachging. Große Daubentürme ragten vielfach über die einfachen Handwerkshäuser hinaus und ein Geruch nach brennendem Eichenholz durchdrang die Luft. Und Hammerschläge waren die untrüglichen Erkennungszeichen, dass hier ein Küfer sein Handwerk verrichtete.

Beschäftigt man sich mit der äußeren Form des Fasses genauer, kann man feststellen, dass sich die Fassform über Jahrhunderte hinweg nicht verändert hat.  Die äußere Form erlaubt es dieses ohne große Kraftanstrengung auch über längere Strecken vom Fleck weg zu bewegen, zu trudeln oder durch Wippen aufzurichten.

Die Bedeutung eines Fasses wird auch dadurch deutlich, dass dieses, wie auch Weißzeug und Geschirr, zur Aussteuer eines jung vermählten Paares gehörte.

Das Wort Küfer leitet sich von dem lateinischen Wort „cupa – Kufe, Fasscuparlus – Kufen-Fassmacher, ab. Andere Begriffe, die die gleiche Berufsbezeichnung ausdrücken sind „Fassbinder, Böttcher, Schäffler, Simmermacher, Tonnenmacher“.

Der  „Bandreißer“ ist in diesem Fall ein eigenständiger Handwerker, der Vorarbeiten für den Küfer leistet. Er stellt die erforderlichen Bänder für den Küfer her, die das spätere Fass zusammenhalten. Wurden diese Bänder zunächst aus Weiden- und Haselruten hergestellt, kamen später genietete Eisenreifen zum Einsatz.

  

Bandreißer

 

Die Vorbereitung zum Fassbau  

Viele Küfer wählen die für sie geeignete Bäume im Wald selbst aus. Die Bäume müssen überwiegend astfrei und von geradem Wuchs sein. Vorzugsweise wird  Eichenholz für die Fassherstellung genutzt, da dieses kurzfasrig und langsam wachsendes Holz ist. Seltener findet Lärchenholz oder Fichte zum Fassbau Verwendung. Nach der Baumfällung wird der Stamm geschält und auf die entsprechende Länge geschnitten (je nach Fassgröße). Das Aufspalten des Holzes erfolgt in Längsrichtung zur Faser unter Beachtung der Stärke der aufgespaltenen Stücke. Das Aufspalten in Faserrichtung ist nötig, um die spätere Stabilität der Daube zu gewährleisten, damit diese bei dem Biegevorgang nicht bricht. Diese so erhaltenen Holzbohlen werden „Daube“ genannt und befinden sich nach dem Aufspalten noch im Rohzustand und haben eine Stärke zwischen 3,5 bis 8 cm, je nach Größe des späteren Fasses.

Zum Turm aufgeschichtete Dauben

 

Zum Trocknen werden die Dauben auf dem Trockenplatz des Küfers zu meist sechseckigen Türmen aufgesetzt. In einem Seitenteil des Turmes wird ein Schlupfloch gelassen, um dem Köhler den Zustieg zu dem Turm zu ermöglichen. Dieser Turm kann eine Höhe von bis zu 6 Metern erreichen und bleibt der Witterung ausgesetzt. Dies ist nötig, damit die im Holz vorhandene Gerbsäure Tannin herausgewaschen werden kann.

Die Trockenzeit der Dauben beträgt zwischen 3 und 5 Jahren, je nach Stärke der Daube (Trocknungszeit ca. 1 cm pro Jahr).

 

Herrichtung der Dauben

Wird eine bearbeitete Daube genauer betrachtet, ist schnell festzustellen, dass alle 4 Seiten der Daube kunstvoll bearbeitet sind und eine präzise handwerkliche Arbeit erforderlich ist.

 

Dauben werden hergerichtet

 

Für die formgerechte Fertigung der Daube sind mehrere Arbeitsgänge erforderlich. So ist für die Innen- und Außenseiten der Daube mittels eines konkaven bzw. konvexen Schnitzmessers die entsprechende Wölbung heraus zu arbeiten. Es wird „gebuckelt“.  Die oberen und unteren Enden der Daube werden verjüngt und die Schmalseiten trapezförmig gehobelt. Dazu wird die Daube über einen überdimensionierten Hobel, „Fügbock“ oder „Fügbank“ genannt, geführt, der fest mit dem Boden verankert ist. Um den entsprechenden Winkel zu erhalten, besitzt der Küfer eine entsprechende Model (vorgegebener Winkel), die für die Fassgröße den Winkel vorgibt.

Der Winkel der Daube wird überprüft

 

Sind diese Vorbereitungen genau ausgeführt, so steht dem Fertigen des Fasses nichts mehr im Wege, denn nur bei genauer Arbeit wird das Fass dicht und entspricht so den gewünschten Anforderungen.

Model zum Festlegen des Daubenwinkels

 

Zusammensetzen des Fasses

Zum Zusammensetzen eines Fasses ist ein provisorischer Kopfring oder Setzreifen nötig. Der Kopf- oder Setzring besteht aus einem runden, zusammengenieteten Eisenband, das vorübergehend die Fassform und Größe des Fasses bestimmt. Dieser Kopf- Setzreifen wird später durch den eigentlichen Kopfreifen ersetzt.

Die erste Daube wird in diesen Ring eingesetzt und mit einer Schraubzwinge fixiert.  Wahlweise ist eine zweite Person erforderlich, die die erste Daube in diesem Ring festhält. Nun wird Daube an Daube gereiht bis der Kreis geschlossen ist. Durch die konisch zulaufenden Seitenteile wird ein Zusammenfallen der Dauben verhindert.

Halbfertiges Fass

 

 Nach der letzten eingesetzten Daube wird der Setzring durch den eigentlichen Kopfreifen, den Halsreifen und den Bauchreifen ersetzt. So ist ein halbfertiger Fassrohling entstanden, die gegenüberliegende Seite klafft noch weit auseinander.

 

Das Biegen der Dauben

Um die Dauben in Fassform zu bringen, müssen diese gefügig gemacht und gebogen werden. Dazu nimmt der Küfer Feuer und Wasser zu Hilfe.

Fass wird gekocht

 

So wird ein kleines Rohfass in einem Bottich mit kochendem Wasser gelegt und so lange gekocht, bis die Dauben entsprechend geschmeidig sind. Die noch vorhandene Gerbsäure wird dabei ausgeschwemmt.

Bei größeren Rohfässern wird mittels angefallener Hobelspäne in einem Feuerkorb ein Feuer entfacht und das Fass mit seiner ausgespreizten Dauben über das Feuer gestülpt.

Feuerkorb

Es wird „ausgefeuert“ oder als „Fassbrand“ bezeichnet. Die dadurch erwärmten Dauben werden von außen ständig feucht gehalten, sie werden gedämpft. Sind die Dauben ausreichend geschmeidig, werden diese mittels einer Seilwinde auf der gespreizten Seite zusammen gezogen. Sind die Dauben durch Zug genügend zusammengefügt, wird das Fass gewendet und ebenfalls bereift.

Nach diesem Arbeitsgang muss das Fass mehrere Tage ruhen, um zu trocknen. Anschließend wird das Fass innen und außen geglättet.

 

Der Fassboden

Im oberen und unteren Teil des Fasses wird nun mit einem entsprechenden Hobel eine Nut eingefräst, um den späteren Fassboden aufzunehmen.

Die Nut für den Fassboden wird gefräst

 

Die Rundung des späteren Bodens wird mittels Stechzirkel festgelegt.

Der Fassboden besteht aus mehreren Brettern, die mittels Dübel oder beidseitig angespitzten Nägeln zusammen gefügt werden. Die Stöße zwischen diesen Brettern werden mit dem „Liesch“ (getrocknete Binsen- oder Schilfblätter) ausgelegt.

Der Durchmesser des Fassbodens wird festgelegt

Liesch zum Abdichten des Fassbodens

 

Der Fassboden wird ausgeschnitten und die Außenkante gerundet. Die Spundlöcher werden festgelegt und mit einem konisch zulaufenden Brenneisen ausgebrannt.

Damit der Fassboden eingesetzt werden kann, wird der Kopfreifen gelöst und der Fassboden in die vorgesehene Nut eingelegt. Zwischen Bodenbrett und Nut wird ebenfalls „Liesch“ eingelegt. 

Beim Einsetzen der Bodenbretter ist darauf zu achten, dass beide Spundlöcher gegenüber liegen.

Die Kopfreifen werden wieder aufgesetzt und mit dem Setzhammer in die richtige Lage gebracht.

Das Fass ist nun gebrauchsfertig hergerichtet. Eine Behandlung der Fassaußenwand mit Leinöl vervollständigt die Herstellung des Fasses um das Verwittern zu verhindern.

Durch die Verbreitung von Metalltanks und Kunststofffässern wurde dem Küfer die Grundlage seines Handwerks entzogen. Der Zeitaufwand sowie die Herstellungskosten weichen in wesentlichen Teilen von dem Fertigen eines Fasses aus Eichenholz ab. Nur noch im Nebenerwerb werden Holzfässer in Handarbeit  hergestellt.

Mittlerweile hat aber ein Umdenken eingesetzt.

Z. B. Winzer, die hochwertigen Wein auf den Markt bringen, nutzen die natürlichen Eigenschaften, die ein Holzfass gegenüber einem Metalltank oder Kunststofftank mitbringt, um ihren Wein in einem Holzfass reifen zu lassen. Das Holzfass hat die positive Eigenschaft den Sauerstoffaustausch zw. Fassinhalt und der Außenluft zu gewährleisten, welches dem Reifeprozess dient und positiv beeinflusst.

Redewendungen, die auch noch in der heutigen Zeit gebräuchlich sind, geben Rückschluss auf  die handwerkliche Arbeit des Küfers:

- Wenn etwas unerhört ist, dann haut es dem Fass dem den Boden aus.

- Bodenlos ist eine Sache, wenn sie keinen Sinn macht.

- außer Rand und Band sind Leute die durchdrehen und verrückt spielen.

- Wenn einer ein Fass aufmacht, dann steht ein Fest bevor.

Vollständiges Fass

Quellen

A. und S. Clara

Handwerk um 1700

Guido Pressler Verlag Hürtgenwald Bild S. 65

W. Helm H. Joho, St. Wiltschko

Eberbacher Küfergeschichte

Friedrich Mößinger

Odenwälder Handwerkszeichen

Hess. Post Heppenheim 1961

Karl Schwinn

Altes Handwerk –

Verlag Ellen Schmidt, Brensbach

John Seymour

Der Böttcher –

Urania-Verlag Stuttgart

Wikipedia

Dauben- und Fassbau

Manfred Kassimir

Text und Bilder

 

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